STERN OHNE HIMMEL
von Ottokar Runze
Inhalt:

Kinder unter Hitler
Er hat ihn zwar längst abgetrennt, den verräterischen Judenstern, aber die Kinder, die den 14jährigen Abiram in seinem Versteck entdecken, können die Umrisse noch deutlich an seiner Jacke erkennen und wissen sofort, mit wem sie es zu tun haben. Ein Judenjunge in ihrem Keller! Daß das Probleme schafft, wissen sie genau, denn Zeitpunkt des Geschehens ist der Zweite Weltkrieg, die letzten chaotischen Tage in einer deutschen Kleinstadt.
Abiram ist verängstigt, er konnte während eines Transportes fliehen, aber seine Eltern sind im KZ umgekommen, ungläubig hören die Kinder das Wort "vergast" aus seinem Mund. Was sollen sie tun mit dem Gleichaltrigen? Ist er der "Volksfeind", von dem sie die Erwachsenen so viel reden hörten? Müssen sie ihn nicht melden, oder dürfen sie ihm helfen, ihn verstecken und beschützen? Die Meinungen in der kleinen Gruppe gehen da durchaus auseinander. Schließlich hat sich Abiram nicht irgendwo versteckt, sondern ausgerechnet in ihrem Keller, der ein köstliches Geheimnis birgt: es handelt sich um eine prallgefüllte Vorratskammer, voll von Würsten, Schinken und Eingemachten, ein Schatz in dieser Zeit.
Schwierig wird die Situation, als einer von ihnen, Willi, zu verstehen gibt, daß er den Jungen anzeigen will. Da heißt es, schnell Hilfe bei den Erwachsenen suchen, wer aber könnte da eine Lösung finden? "An wen soll ich mich wenden" heißt beziehungsvoll das Chorlied, das die Kinder in der Schule gerade proben, aber der Großvater des Mädchens ist, weil er "entartete" Musik komponiert, schon gefährdet genug. Der gutwillige Hausmeister würde helfen, hat aber Angst, ein Risiko einzugehen, außerdem hat seine Frau inzwischen die ganze Geschichte an den linientreuen Rektor verraten. Der zieht sogar mit seiner Pistole los, um den Juden aus seinem Versteck zu befördern, und die Geschichte hätte fast eine böses Ende gefunden, wenn nicht ein Luftangriff jeden dazu veranlaßt hätte, die eigene Haut zu retten. Nur Willi, der bis zuletzt melden will, kommt um, die anderen Kinder, Abiram mit ihnen, können sich retten.
Auch wenn sich inzwischen viele Filme mit Nationalsozialismus und Zweiten Weltkrieg auseinandergesetzt haben, ist doch Ottokar Runze (Drehbuch: Leonie Ossowski nach ihrem gleichnamigen Roman) der erste, der diese Zeit ausschließlich mit der Erlebniswelt der Kinder schildert. Die ganze Problematik der Erwachsenen spiegelt sich in den Konflikten, die die Kinder durchstehen müssen, die übrigens fabelhaft unbefangen agieren, denn weitab von jeder krassen Typisierung, die aus dem Willi den Verräter und aus den übrigen Kindern Helden machen würde, hat Runze hier einen überzeugenden differenzierenden Realismus bewahrt. Willi ahnt ja gar nicht, was er mit seiner Meldung anrichten würde, andererseits verhalten sich die Kinder, indem sie Abiram helfen, nicht nur menschenfreundlich, das natürlich auch, sondern auch oppositionell gegen Willi, weil sie den nicht leiden können.

Drehbuch: Leonie Ossowski
Kamera: Michael Epp
Ausstattung: Peter Scharff
Kostüme: Rotraud Braun
Musik: Hans-Martin Majewski
Schnitt: Inge P. Drestler

Spielzeit: 87 Minuten
Prädikat: wertvoll