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  • Erikas Leidenschaften

    BRD 1976, 16 mm, s/w, 64 Min.

    BESETZUNG

    Erika
    Franziska

    Karin Baal
    Vera Tschechowa

    STAB

    Buch und Regie
    Kamera
    Kamerassistenz
    Ton
    Ausstattung
    Schnitt
    Produktion

    Redaktion
    Ula Stöckl
    Thomas Mauch
    Nicole Gasquet
    Martin Müller
    Hartmut Rathmayer DAISY BOUTIQUE
    Peter Przygodda
    Thomas Mauch Filmproduktion
    im Auftrag des ZDF
    Christoph Holch





    FESTIVALS / AUSZEICHNUNGEN

    1977
    1977
    1977
    1977
    1977
    1978
    1978
    1979
    1979
    1981
    1978
    1978
    1980
    1988
    7. Internationales Forum des Jungen Films, Berlin
    21. London Film Festival,
    31. Edinburgh International Film Festival
    13. Chicago International Film Festival
    5. Grazer Filmtage
    Hong Kong Film Festival
    25. Sydney Film Festival
    1. Festival International De Films De Femmes, Sceaux/Paris
    8. Film International Rotterdam
    4. Festival International de Films de Femmes, Bruxelles
    27. Malbourn Film Festival
    Goethe Institut: Buenos Aires
    Goethe Institut: Rom, Neapel, Amsterdam, Toulouse, Palermo
    Deutsches Filmmuseum Frankfurt am Main, Retrospektive

    INTERVIEW

    Interview mit Ula Stöckl und Vera Tschechowa
    von Monika Sperr

    Ist ERIKAS LEIDENSCHAFTEN ein Frauenfilm?

    ULA ST.: „Ein Film über menschliche Beziehungen, die ja nicht nur zwischen Mann und Frau, sondern auch zwischen Frau und Frau oder Mann und Mann sehr vielschichtig und problematisch sind. Es ging mir hauptsächlich um die tatsächliche Chancengleichheit, die zwei von ihrem Ausgangspunkt haben, wie diese beiden Sekretärinnen, die sich durch die Arbeit kennenlernen und aus rein pragmatischen Überlegungen zusammenziehen. Im Zusammenleben zeigt sich dann, daß diese Chancengleichheit doch nur eine scheinbare ist, weil sich die eine eben rücksichtsloser verhält als die andere bzw. die andere die dienende Haltung einnimmt und sich benutzen läßt.”

    VERA T.: „Beide beißen sich in der am Anfang gewählten Rolle fest. Es ist wie in vielen Beziehungen: der erste Schritt in die gemeinsame Wohnung ist der entscheidende. Wer am ersten Tag den Mülleimer runterträgt, ist möglicherweise derjenige, der ihn auch in zehn Jahren noch runterträgt.”

    Ließen sich diese Unterdrückungsmechanismen, die durch ein festgelegtes, starres Rollenverhalten entstehen, nicht deutlicher am Beispiel einer Mann-Frau-Beziehung aufzeigen, als durch die freundschaftliche Beziehung zwischen zwei Frauen?

    ULA ST.: „Eben nicht. Für mich stellt sich immer mehr heraus, daß in der Mann-Frau-Beziehung die Sexualität eine sehr repressive Rolle spielt. Das heißt: auf sexueller Ebene finden pausenlos Versöhnungen statt, die verhindern, daß die wirklichen Probleme überhaupt zur Sprache kommen. Um aber zu zeigen, daß nicht die Sexualität der wirkliche Verhinderungsgrund ist, warum sich zwei ihre Probleme nicht bewußt machen und ehrlich darüber reden, habe ich zwei Frauen gewählt, die in diesem Film ganz eindeutig keine sexuelle Beziehung haben.”

    VERA T.: „Eigentlich gibt es überhaupt keinen Grund, warum zwei Frauen sich die Schwierigkeiten, die sie miteinander haben, nicht ganz offen eingestehen und sie besprechen. Da muß also jenseits der Sexualität etwas sein, was sie daran hindert.“

    Liegt es an den verschiedenen Charakteren? Die aktive Franziska tut einfach unbekümmert, was sie will. Und die passive Erika tut dadurch nicht mehr, was sie will, sondern nur noch, was ihre Freundin will.

    ULA ST.: „Meine Überlegung war: inwieweit sperrt man sich, egal ob aus Erziehungs- oder anderen Gründen, selbst in eine bestimmte Rolle ein, ohne daß der andere viel dazu beiträgt. Zu jeder Ausbeutung gehören ja immer zwei: einer, der es tut und einer, der es mit sich geschehen läßt. Alle meine Filme sind auch Aufforderungen an die Opfer, sich gefälligst zu wehren. Ich halte nichts von diesem jammernden Heulstandpunkt, den gerade Frauen so häufig einnehmen. Diese ständigen Hilfeschreie nach außen verhindern doch allzuoft das Nachdenken darüber, was man aus eigener Kraft tun und verändern kann.”

    Das klingt sehr hart. Wer nur gelernt hat zu tun, was andere wollen, brav zu gehorchen, wie soll der sich wehren können?

    VERA T.: „Niemand behauptet, daß es leicht ist, sich zu wehren, denn dazu muß man ja selbständig werden. Aber es gibt inzwischen doch viele Menschen, vor allem natürlich Frauen, die bereit sind, Hilfestellungen zu geben. Erst wer sich wehrt, wer selbständig wird in seinem Denken und Handeln, kann sich auch solidarisch verhalten. Wer immer nur Hilfe braucht, rumsitzt und jammert, wie soll der sich jemals solidarisch verhalten können.”

    Der Film heißt „Erikas Leidenschaften“. Um welche Leidenschaften geht es?

    VERA T.: „Sich pausenlos zu übernehmen.“

    ULA ST.: „Diese ewige Opferhaltung so vieler Frauen: immer alles verstehen, alles verzeihen und alles tragen zu wollen.”