Hiobsbotschaft Teil 1/Teil 2
Stab Teil 1:
Buch und Regie: Ottokar Runze
nach einer Idee von Hanne Hiob
Kamera: Rudolf Körösi
Musik: Bob Lenox
Ton: Benjamin Schubert
Schnitt: Marcel Peragine
Prod.ltg.: Michael Beier
Mitwirkende:
Hanne Hiob
Heike Falkenberg
Matthias Fuchs
Edgar Bessen
u.a.
Stab Teil 2:
Buch und Regie: Ottokar Runze
nach einer Idee von Hanne Hiob
Kamera: Benjamin Epp
Musik: Bob Lenox
Ton: Christfried Sobczyk
Schnitt: Rebecca Runze
Prod.ltg.: Michael Beier
Mitwirkende:
Hanne Hiob
Heike Falkenberg
Gaby Klees
Matthias Fuchs
u.a.
Kurzinhalt:
Die Täter nach dem Krieg wieder in Ämtern und Würden, die Opfer tot und vergessen? Niemals, so Hanne Hiob: Im Film erhebt sie "Anklage gegen die Alten und die Jungen: Haben wir die Gemordeten je zu Vorbildern gemacht?"
Zu Vorbildern möchte die streitbare 73jährige die Opfer des Dritten Reiches nicht allein aus Gründen der Gerechtigkeit machen, sondern - um dem wieder zu Tage getretenen Rassismus zu begegnen. Mit den Worten ihres Vaters: "Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch" und "Wo Unrecht geschieht, muß ein Aufruhr sein".
Inhalt:
Seit vielen Jahren reist Hanne Hiob mit ihrem Programm "Nun lebt wohl und werdet Kämpfer... - letzte Briefe aus den Konzentrationslagern" durch die Städte Deutschlands und Österreichs, um die Erinnerung an die Besten unseres Volkes, die dort umgekommen sind, wachzuhalten.
Nach einer Idee von Hanne Hiob entstanden, wird in einer fiktiven Handlung das Absurde erkennbar, das in der "Hiobsbotschaft" besteht. Eine pensionierte Kriminalrätin, sie gilt als Kapazität für die Aufklärung von Tötungsdelikten, unterrichtet in Seminaren junge Polizeibeamte. Frau Kriminalrätin a.D. scheint besessen. Sie erwähnt den Namen eines Hitlergenerals, und danach findent man ihn an der Gartenpforte seiner Villa als Leiche. Ist es die Kriminalrätin oder eine Doppelgängerin, die in Veranstaltungen Briefe aus Konzentrationslagern in Nazudeutschland vorträgt? Gegen die Kriminalrätin wird ermittelt und vor Gericht will man ihr auf die Spur kommen. Ein Sachverständiger soll klären, ob Haß auch töten kann.
Der Film "Hiobsbotschaft" will das Bewußtsein dafür wachhalten und schärfen, daß das Ende des Zweiten Weltkrieges die Gefahren nicht beseitigen konnte, die unserer Republik von rechts drohen. Der Film ist ein Appell gegen die Gleichgültigkeit.
Alte Nazis wieder in Amt und Würden
Globke, Hans Maria, Dr.: vor 195 Ministerialrat, u.a. verantwortlich für Staatsangehörigkeitsfragen und Fragen der besetzten Wohngebiete, Mitautur der Rassengesetze, die Grundlage für die Vernichtung ganzer Volksteile waren.
Nach 19 5 Ministerialdirektor, dann als Staatsekretär im Kanzleramt rechte Hand von Adenauer, 1963 mit dem Großkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.
Lübke, Heinrich, Dr.h.c.: vor 19 5 Direktor einer Siedlungsgesellschaft, V-Mann der Gestapo, beteiligt an der Errichtung "eines Sonderlagers der Geheimen Staatspolizei Peenemünde" sowie am massenhaften Einsatz von KZ-Häftlingen, verantwortlich für den Tod vieler wegen der unmenschlichen Arbeitsbedingungen.
Nach 19 5 erst Bundeslandwirtschaftsminister im Kabinett Adenauer, dann zweimal Bundespräsident (1959-1969).
Kiesinger, Kurt Georg: ab 1933 Mitglied der NSDAP, 19 0 bis 19 5 im Auswärtigen Amt, rundfunkpolitische Abteilung. Zuständig für "Allgemeine Propaganda", Koordinierung der Arbeit der Länderreferate, Verbindung zum Propagandaministerium.
Nach 19 5 von den Alliierten verhaftet und 18 Monate interniert. 1958 bis 1966 Ministerpräsident von Baden-Württemberg, 1966 Bundeskanzler der aus CDU/CSU und SPD gebildeten Großen Koalition. Träger des Großkreuzes des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.
Filbinger, Hans, Dr.: vor 19 5 im SA-Studentensturm aktiv. Marinestabsrichter, bestraft noch am 29. Mai 19 5 einen Soldaten im Kriegsgefangenenlager wegen Abreißen des Hakenkreuzes von der Uniform zu sechs Monaten Gefängnis.
1958 Staatsrat, 1960 Innenminister und anschließend als Nachfolger von Kiesinger Ministerpräsident von Baden-Württemberg
Und viele andere wie Dr. Alfred Seidl, Theodor Oberländer, Waldemar Kraft, Karl Vialon, Hans Puvogel...
Presse:
Mit dem Film wird ein Thema aufgegriffen, das auch in letzter Zeit in den Medien kontrovers diskutiert wurde: Naziverbrecher (...) wurden lange, allzu lange verschont, bis ihre Untaten aus Mangel an Zeugen, weil diese inzwischen gestorben sind, nicht mehr strafrechtlich verfolgt werden konnten; oder bereits verjährt waren; oder aus anderen Gründen überhaupt keinen Straftatbestand darstellten.
Hanne Hiob hat einen Teil solcher Fälle sorgfältig recherchiert und stellt die Vergangenheit und die Gegenwart dieser Täter vor. In dem als Krimi inszenierten Film werden eine Fülle von Dokumentaraufnahmen und -texte eingearbeitet. Und damit wird der Film auch zu einem Zeitdokument für die Jahre 19 5-1997. (...)
Die Kriminalistin, dargestellt von Hanne Hiob, spürt in dem Film einige der Täter auf und konfrontiert sie mit ihrer Vergangenheit. Und diese Konfrontation, verfremdet in die Story des Krimis hält den/die ZuschauerIn bis zum letzten Bild des Films in Spannung.
Dr. Helmut Essinger in: DIE BRÜCKE 95/Mai-Juni 1997/3
"Die Mörder sind immer noch mitten unter uns" - und das an wichtigen Positionen in Wissenschaft, Politik und Wirtschaft. Ehrenwerte Fabrikanten sind in jene Giftgasproduktion involviert, die unter anderem im Golfkrieg für Aufregung sorgte.
"Ist denn jedes Mittel recht zum Wohle unserer Wirtschaft?", fragt der Film und schafft es mit einfachen, aber wirksamen Mitteln, die verschiedenen Handlungsebenen ineinander zu verwirken.
Hiob als Hauptdarstellerin ist zum einen eine pensionierte Kriminalbeamtin, die die Greueltaten der Nazischergen erst Vergangenheit sein lassen will, wenn "sie alle unter der Erde liegen".
Sie ist als starker und zugleich zerbrechlicher Racheengel aber nicht nur so etwas wie ein moderner Don Quijote, der gegen Windmühlen kämpft. Sie handelt und sorgt damit für Verunsicherung in ihrer Umgebung.
Josef H. Handlechner
"Ich habe immer auf Prozesse gewartet, aber bis jetzt hat sich keiner ergeben - wahrscheinlich aus Angst davor, was dann aufkommt" erklärte Hanne Hiob im Anschluß (des Films). Nur Fakten lägen den beiden Schwarz-Weiß-Filmen, die klare Anspielungen auf Biografien ehemaliger Täter enthalten, zugrunde. Sollte man, statt ehemalige, mittlerweile sehr alte NS-Verbrecher zu verfolgen, nicht eher die Erinnerung an die Taten wachhalten? Auf diese Frage eines Zuschauers plädierte Hanne Hiob ganz klar für die strafrechtliche Verfolgung. Und ganz bewußt gehe insofern "der Film gegen Deutschland", so die 73jährige, denn als "Kämpfer im eigentlichen Sinne" hätten sich sämtliche Nachkriegsregierungen bei der Aufarbeitung von NS-Biografien nicht gezeigt.
Martin Völpel
Biografie Hanne Hiob:
Hanne Hiob wurde 1923 in München geboren. 190- 1 Tanzelévin an der Wiener Staatsoper, 19 1 Tänzerin, Soubrette und Schauspielerin in Salzburg. 19 7 am Theater in Straubing engagiert, später Schauspielerin in München, Hamburg, Frankfurt, Wien und West-Berlin u.a. in Stücken von Gorki, Tolstoi, Strindberg, Sartre, Büchner, Kleist, Ostrowski, Frisch, Dürrenmatt, Shakespeare.
Theater um des Spielens willen ist - Luxus...
Ich zeige, daß Brecht ein Klassiker und ein Heutiger ist.
Frankfurt: MUTTER COURAGE
Zürich: KAUKASISCHER KREIDEKREIS
Hamburg: HEILIGE JOHANNA DER SCHLACHTHÖFE
München: GALILEO GALILEI7DIE GEWEHRE DER FRAU CARRAR
Berliner Ensemble: HEILIGE JOHANNA DER SCHLACHTHÖFE
1972 Brecht-Abende:
Lehnen Sie sich ruhig zurück
Der Schoß ist fruchtbar noch
Brecht gegen Wallmann
Arbeiteraufstand in Wien (193 )
Straßentheater:
Der Anachronistische Zug oder Freiheit und Democracy, Brecht
"Gegen den Übernommenen und wieder aufblühenden Faschismus in unserem Land" (Hanne Hiob)
Initiator der Züge: Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD (Regie: Thomas Schmitz-Bender)
1979: Gegen den Altnazi Carstens zu seiner Wahl zum Bundespräsidenten (Bonn)
1980: Gegen die Kanzlerkandidatur von Franz Josef Strauß. Drei Wochen durch die BRD.
1990: Gegen die Einverleibung der DDR (Bonn bis Berlin).
199 : Brecht statt Kohl (Berlin)
1982: Mengele-Stand in Günzburg
1983: Herrnburger Bericht, Brecht
"Eine kleine - Große Friedenskantate gewidmet der Freien Deutschen Jugend aufgeführt
in Essen, anläßlich des 50.ten Jahrestag der Ermordung des Jungabeiters Philipp Müller
durch die Adenauerpolizei."
1985-1989: Legende vom toten Soldaten, Brecht
Antifaschistische Abende:
Um diese Veranstaltung zu beschreiben ein "kurzer" Brecht:
Die Dauer des Regimes
Einer ihrer Führer schätzte die Dauer des Regimes auf zehntausend Jahre. Ein zweiter berechnete sie auf dreißigtausend Jahre, auf längere Zeit wollte auch er sich nicht festlegen.
198 :Oh, Deutschland bleiche Mutter, "Ein Abend mit KZ-Opfern und Verfolgten"
1986-88: Menschenlandschaften, Hikmet-Brecht, "Ein Abend von und für Asylsuchende"
1989-90: Am Fleischerabend hängt er, ach; "Ein Abend für Hitlerdeserteure"
1990: Die Beute bleibt Deutsch; "Eine Arisierungsrevue"
1992-93: Haifische und andere Menschen; "Oder die Einverleibung der DDR"
1995-96: Die unwürdigen Opfer; "Veranstaltung zu Opfern der Adenauerpolitik"
Seit 1985: "Nun lebt wohl und werdet Kämpfer". Letzte Briefe aus dem KZ.
Seit 1991: Hikmet - Brecht "Sie hat man aufgenommen"
Seit 1993: Visionen, Brecht
1995-96: Berlin: Rosa Luxemburg & Karl Liebknecht
München: Bücherverbrennung
West-Fernsehen (ab 1960)
Nachbarskinder
Haben
Die Weber
Mooney's Kindchen weint nicht mehr
Regentropfen (Film)
Nebeneinander
Der Alte Fritz
Gewehre der Frau Carrar
Ende der Unschuld
Zeuge des Jahrhunderts
DDR-Fernsehen
Furcht und Elend des Dritten Reiches
Die unwürdige Greisin
Hiob - Tochter Brechts
Mantel des Ketzers
Lehnen sie sich ruhig zurück
Schallplatte
"Nun lebt wohl und werdet Kämpfer", Litera (1989)
Bücher (als Herausgeberin oder Autorin)
Idylle einer Kleinstadt
O, du mein Herrnburg
Brecht in Augsburg
Erkämpft das Menschenrecht
Wir verreisen in die Vernichtung
Lehnen Sie sich ruhig zurück
Das Jahr 19 5
"Wir müssen festhalten, daß wir zu Verrätern werden, wenn wir nicht anprangern, was angeprangert werden muß. Die Verschwörung des Schweigens verurteilt uns in den Augen derer, die nach uns kommen,"
Arthur Koestler im Jahr 19 5
Laßt uns die Warnungen erneuern
und wenn sie schon wie Asche in unserem Land sind.