Anita, Tänze des Lasters
Die Lebensgeschichte der Nackttänzerin Anita Berber (Lotti Huber) diente als Vorlage für diesen Film. Anita Berber, Symbol der zwanziger Jahre des vorigen Jahrhunderts, nahm Drogen, war bisexuell und starb im Alter von 29 Jahren im Jahr 1928.
Der Film ist angeregt von der Lebensgeschichte der Nackttänzerin und exzentrischsten Frau der 20er Jahre Berlins, Anita Berber. Die Geschichte wird aus der Perspektive einer alten Frau erzählt, die sich auf dem Berliner Kurfürstendamm auszieht, ins Irrenhaus kommt und behauptet, Anita, die berühmteste Nackttänzerin Deutschlands, zu sein.
Ihre große Zeit war die Inflationszeit in Deutschland. Der extreme Wandel von der sittsamen Kaiserzeit zu der Auflösung materieller und moralischer Werte nach Ende des 1. Weltkrieges, machten Anita zum Symbol der verrückten Zwanziger. Ihre Devise war: "Wer A sagt, muß auch RSCH sagen!" Mit ihrem Partner Sebastian Droste tanzte sie die Tänze des Lasters, des Grauens und bis zur Extase. Themen waren "Die Leiche auf dem Seziertisch" oder "Morphium".
Sie liebten es, das Bürgertum, das von überallher anreiste, um sie zu sehen, zu schockieren und zu provozieren. Aber Nackttanz wurde bald unmodern, und ihr Partner verließ sie. Sie tourte im Orient, wo sie den großen Fehler machte, Drogen und Alkohol zu entsagen. Entkräftet von diesem Entzug, starb sie im Berliner Bethanienkrankenhaus.
Rosa von Praunheim
Zur Entstehung des Films:
Ich war begeistert von dem skandalumwitterten Leben dieser exzentrischen, wilden Person, die so im Gegensatz zu unserer heutigen verschlafen-konservativen Zeit steht.
Der extreme Wandel von der sittsamen Kaiserzeit zu der Auflösung materieller und moralischer Werte nach Ende des 1. Weltkrieges machte Anita zum Symbol der verrückten Zwanziger.
Aber wie konnte ich in einem Film über eine junge Frau, die sich im intensiven Lebensrausch früh verbrannt hat und sehr jung gestorben ist, meine alte Freundin Lotti Huber mit einbeziehen. Ich überlegte mir eine Fiktion. Was wäre, wenn Anita noch leben würde. Vielleicht würde sie in eine Irrenanstalt gesperrt worden sein. Lotte war von der Idee begeistert.
Ich schrieb mit Hannelore Limpach ein Drehbuch und hatte das Glück, von der Filmförderung und vom ZDF Geld zu bekommen.
Mit ungefähr DM 600 000 machten wir einen opulenten Ausstattungsfilm mit Hunderten von Statisten in 20er-Jahre -Kostümen. Ein finanziell gewagtes Unternehmen, das durch die geniale Kamera von Elfi Mikesch so wunderbar gelang. Alle Szenen in der Gegenwart sind in Schwarz/Weiß mit Ton gedreht.
Alle Erinnerungen der alten Anita sind in Farbe als Stummfilmgroteske gedreht, mit Zwischentiteln und bombastischer Musik von Konrad Elfers.
Der Film wurde ein internationaler Erfolg. Lotti Huber begleitete den Film von Zürich bis New York mit ihrer Personality Show.
Aus Rosa von Praunheim, Sex und Karriere,
Erweiterte Neuausgabe, Oktober 1991,
Regie Rosa von Praunheim
Buch und Prod. Rosa von Praunheim, Hannelore Limpach
Kamera Elfi Mikesch
Schnitt Rosa von Praunheim, Mike Shephard
Musik Konrad Elfers
Darsteller Lotti Huber, Ina Blum, Mikael Honesseau, Eva Maria Kurz, Rainer Kranich, u.a.
Deutschland, 1986, 85 Minuten, 35mm, Farbe + s/w