ALLE JUDEN RAUS!
Ein Film von Emanuel Rund

BRD 1990, 16 mm, Lichtton, Farbe, 82 Minuten

Inhalt

"Es ist zum Verzweifeln.In den Freiesten steckt ein Hochmut und Widerwille gegen die Juden,der nur auf Gelegenheit wartet,um zu Tag zu kommen."1880,Berthold Auerbach, Vorfahre Inge Auerbachers -"Der Schoß ist fruchtbar noch..." Berthold Brecht Am 9.November 1989 wird auf dem Platz in Göppingen,auf dem vor 50 Jahren die Synagoge von Nazis zerstört wurde, eine Gedenkfeier abgehalten.Schülerinnen und Schüler von heute befragen Bürger aus dem heutigen Göppingen,wie sie sich damals verhalten haben angesichts der Verbrechen an den Juden.Die Jüdin Inge Auerbacher war eines der hundert Kinder,die das KZ Theresienstadt überlebt haben.Sie und ihre Mutter erzählen von ihren deutschen Freunden und Nachbarn aus dieser Zeit der Verfolgung in ihrer Heimstadt Göppingen. Was wissen wir heute über den Beginn des Holocaust,über die systematische Verfolgung und Vernichtung unserer jüdischen Mitbevölkerung,die in jeder deutschen Stadt stattfand -und wie gehen wir damit um? Emanuel Rund zu seinem Film: Als ich wissen wollte,was mit meinen Großeltern im KZ Theresienstadt geschah,suchte ich nach Überlebenden.Ich traf Inge Auerbacher und viele,die mir von ihrem Leiden erzählen konnten.Als ich wissen wollte, was meinen Großeltern in ihrer Kleinstadt in Deutschland passiert ist, traf ich Nachbarn und viele,die sagten,sie wußten von nichts.An vielen Orten sind die Spuren der Existenz von uns Juden vernichtet worden. Während der Dreharbeiten fanden sich plötzlich Deutsche,die bereit waren zu sprechen.Vielleicht weil wir Juden sind?Dies ist der letzte Moment,Zeugen zu finden.Schon wieder droht uns Antisemitismus in Europa.Jahrhundertelang hatten meine Vorfahren in Ostfriesland gelebt.Mein Großvater war Viehhändler.Für die jüdische Gemeinde war er Kantor,ritueller Schächter und Kultusbeamter.Um im I.Weltkrieg als Soldat nicht verhöhnt zu werden,mußten die Juden sich durch Tapferkeit auszeichnen.So erhielt mein Großvater das Eiserne Kreuz, wie viele andere Juden.Die meisten von ihnen verschleppte man in das KZ Theresienstadt.Nach dem I.Weltkrieg war mein Großvater Leiter des Reichsbundes jüdischer Frontsoldaten in Ostfriesland.1933 bekam er als ritueller Schächter Berufsverbot und kam für kurze Zeit ins Gefängnis.Am 9.November 1938 forderte der Bürgermeister von Leer die SA auf,"die Wolffs in ihrem Käfig zu verbrennen".Gemeint waren meine Großeltern,die eine Wohnung in der Synagoge hatten. Meine Großeltern Ida und Joseph Wolffs wurden von Deutschen ermordet und ich bin auf der Suche nach Spuren ihres langen Weges durch das Elend hier in Leer nach dem,was mein Großvater in Sachsenhausen durchmachen mußte,nach Spuren der "Umsiedlung" meiner Großeltern nach Berlin,ihrer Deportation in die KZ ihres Todes. Meine Mutter war schon 1933 nach Holland geflohen,daher weiß sie nicht so viel über diesen Lebensabschnitt meiner Großeltern.Es ist schmerzlich für sie,diesen Dingen nachzugehen und davon zu erzählen -sie hat nur gehört,daß beide in Theresienstadt waren.Der Großteil der Familie meiner Eltern wurde ermordet.Ich wuchs mit wenigen, entfernten Verwandten auf -nicht in Deutschland.

Filmblatt

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