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  • allseitig reduzierte Persönlichkeit, Die - Redupers

    PRESSESTIMMEN

    "(...) Der Titel des Films parodiert die in Westberlin oft zu hörende Floskel des DDR-Funks von der "allseitig verwirklichten sozialistischen Persönlichkeit" und beschreibt recht drastisch das zerstückelte Leben der Fotografin Edda (von Helke Sander selbst recht eindrucksvoll gespielt), die sich auf keiner Ebene richtig entfalten kann. (...)

    Sie (Helke Sander) hat jeden Anschein von rechthaberischer Ideologie vermieden. Ihr Erstling, auch wenn er manchmal zwischen Spielfilm und Essay schwankt, ist ein zärtliches und kenntnisreiches, manchmal auch selbstironisches Porträt dieser Edda und wächst doch wie selbstverständlich darüber hinaus zur Beschreibung einer Stadt, die so zerstückelt und begrenzt ist, wie diese tapfere Frau."
    (Peter Buchka in der "Süddeutschen Zeitung")


    ...Was die "allseitig reduzierte Persönlichkeit" Helke sanders... von allen diesen bundesdeutschen Filmen so radikal unterscheidet, ist der offene, experimentelle, fragmentarische Charakter ihres ersten Spielfilms. Weniger anarchistisch, weniger explosiv als Alexander Kluges Filme, teilt Helke Sander doch mit ihm die ironisch-trockene Haltung zu ihrer Hauptfigur...

    Ein Berlin-Film und ein Film über eine Frau unter dem Einfluß des Lebens in dieser Stadt: Spröde auf den ersten Blick, aber auf den zweiten von einem erstaunlichen Reichtum des Details, der Phantasie, der Ironie. ...
    (Wolfram Schütte in der "Frankfurter Rundschau")

    ...Der Film ist ein Essay über die Bedingungen, unter denen eine Frau sich heute von der Stadt ein Bild machen kann. Ein BIld, das nicht dem Stücklohnzwang der freien Medienarbeiter unterliegt, der das eigene Interesse der Edda, ihr Standbild zu verändern, als unverkäuflich ansieht.
    Edda steht frühmorgens frierend mit konkurrierenden Kollegen an einer Brücke, um ein Bild der letzten Dampflok von Berlin nach Hamburg zu schiessen. Sie fotografiert den damaligen Bürgermeister Schütz bei einer betulichen Ansprache ("Wir sind alle eine große Familie") auf einem Seniorenball, aber dann redet und tanzt sie mit den Alten. Reine Zeitverschwendung - , weil sie ihre Zeit nicht sinnvoll füllen darf, von der Zerrissenheit und der organisierten Zerstückelung des Alltags lebt.
    Abends liest sie ihrer Tochter, schuldbewusst: weil zuwenig Zeit für sie, Märchen vor und lässt sich von ihrem Freund, der noch verspricht, einen Knopf an ihrem Nachthemd anzunähen, mit harmlosen Geschichten in den Schlaf reden.
    Schaft sie morgen einen besseren Tag?...
    (Karsten Witte in "Die Zeit")

    ...Männer spielen in diesem Film die Rollen, die Frauen in vielen anderen Filmen spielen. Sie entwickeln ihre Eigenständigkeit allein im Bezug auf auf die Geschehnisse um bzw. auf den Aussagewert für die Heldin. Männer tauchen hier auf, weil sie nun mal da sind. Nicht mehr, nicht weniger. In einer Szene allerdings erzeugt gerade die Flüchtigkeit, mit der die Figur charakterisiert wird, ein zartes Interesse für sie. Nachdem die Sander - um ihrer Karriere willen (d.h. hier: um der Sicherung ihrer Existenz willen) - einen langen Abend mit einem einflussreichen, deshalb inzwischen opportunistischen Künstler verbracht hat, der sie auf dem heimweg handgreiflich zum üblichen Nacht-Clinch überreden will, reagiert sie mit Abscheu, mit Ekel, mit Kotzen. Um sich zu sammeln, geht sie noch in eine Kneipe, deren Wirt sie offentsichtlich gut kennt. Dieser Mann, ein typischer Berliner Brummbär, begegnet ihr, als er ihre miese Stimmung bemerkt, wie selbstverständlich, einfach mit fürsorglicher Kumpelhaftigkeit. ...
    (Norbert Grob in "medium" 4/78)