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  • An der Saale hellem Strande - Ein Kulturhaus erzählt

    Digital, 90 Minuten, sw und Farbe

    BESETZUNG

    Liste der Zeitzeugen in der Reihenfolge des Auftritts

    - Hans Bentzien, Kulturminister der DDR 1961 – 1966

    - Manfred Wekwerth, Regisseur am Berliner Ensemble und Präsident der Akademie der Künste (1982 – 1990)

    - Gerda Mund, Stellvertretende Klubhausleiterin (1953 – 1969)

    - Rudolf Werner, Chronist von Schkopau und Bürgermeister (1990 - 1996)

    - Otti Pohle, Kunststoffwerkerin - Tanzgruppe

    - Olli Nemitz, Sachbearbeiterin - Tanzgruppe

    - Horst Pohle, Kesselschweißer - Tanzgruppe

    - Martin Nemitz, Schweißer - Tanzgruppe

    - Gerhard Quenzler, Chemieingenieur und Leiter des Fotozirkels (1950 -1966)

    - Robbi Schulze, Chemiefacharbeiter - Tanzgruppe

    - Theodor Körner, Chemiker und Chormitglied seit 1950

    - Ilse-Maria Krause, Leiterin des Kindermalzirkels (1956 – 1986)

    - Uwe Pfeifer, Maler und Grafiker - Malzirkel

    - Burghard Aust, Maler und Grafiker - Malzirkel

    - Hans Winderle, Klubhausleiter (1954 – 1982)

    - Rudolf Raab, Ingenieur und Chormitglied seit 1950

    - Norbert Göpel, Leiter des Fotozirkels (1966 – 1986)

    - Dietrich Vogt, Leiter des Filmstudios (1961 – 1974)

    - Siegfried Bimberg, Komponist und Professor für Musikpädagogik - Zirkel komponierender Arbeiter

    - Claus Haake, Chorleiter (1959 – 1989)

    - Konrad Potthoff, Chemielaborant, Schriftsteller seit 1978 - Zirkel schreibender Arbeiter

    - Annerose Mandel, Industriekauffrau - Zirkel schreibender Arbeiter

    -Werner Hecht, Dramaturg am BE (1959 – 1974)

    - Sabine Werner - Kindertanzgruppe

    - Katrin Kranepul - Kindertanzgruppe

    - Jörg Rehmann - Kindertanzgruppe

    - Dorle Albrecht - Kinderlaienspielgruppe



    BIOGRAFIE

    HELGA STORCK

    Geboren in Grünberg /Schlesien. Grundschule in Schkopau / Kreis Merseburg. Oberschule „Käthe Kollwitz“ in Merseburg, Abschluss Abitur. 1961 Flucht nach Westberlin - Schauspielschule Berlin, Abschluss mit Diplom und Bühnenreife
    Seit 1965 Theaterengagements an Städtischen Bühnen : Bielefeld, Hannover, Bonn, Bern, Schauspielhaus Köln, Nürnberg, Wuppertal, Braunschweig, München - Gastspiele in Bremen, Linz, Baden-Baden
    Tourneen: „Karate Billi “, „Käthchen von Heilbronn“
    Teilnahme an Ruhrfestspielen „Don Carlos“ ( Eboli)
    Luisenburg-Festspiele:„Schlafes Bruder“(Burga),Romeo u. Julia“(Lady Capulet)

    Mitwirkung in preisgekrönten Filmen - Bundesfilmpreis oder Lubitschpreis:

    „Grete Minde“ : Regie Heidi Geneé
    „1+ 1 = 3“ : Regie Heidi Geneé
    „Tod eines Idioten“ : Regie Franziska Buch
    „Allseitig reduzierte Persönlichkeit“ : Regie Helke Sander
    „Bandits“: Regie Katja v. Garnier

    Mitwirkung in Fernsehspielen: Tatort „Kinderlieb“, „Tod eines Wachmann“ , „Virus X“ R:. Lutz Konermann, „Deine besten Jahre“ R: Dominik Graf
    Mitwirkung in TV Serien:„Weiberwirtschaft“„Haus in der Toskana“ „Alleinerziehende“„SOKO „Die Sternbergs“„Bergdoktor“ „Schlosshotel Orth“

    2006 als Schauspielerin die Rolle der Hannah Arendt in „Das Mädchen aus der Ferne“ für den BR

    Autorin: 3 Folgen der Serie „Das Nest“ für den Hessischen Rundfunk
    Erzählung : „Ein Brief kommt“, BR München, in der Sendereihe „Bayerische Autoren“
    Dokumentarfilm: „An der Saale hellem Strande - Ein Kulturhaus erzählt“.
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    PETER GOEDEL

    Geboren in Torgau/Elbe. Aufgewachsen in der DDR, in den frühen fünfziger Jahren in Halle/Saale, ab 1956 dann in Potsdam. 1961 Flucht in den Westen. Nach dem Abitur in Stuttgart Studium der Literatur- und Theaterwissenschaften, der Kunstgeschichte und Philosophie in Köln und München. Anschließend als Dramaturg und Regie-Assistent an verschiedenen Theatern. Erste Inszenierungen (Brecht, Arrabal). Ab 1972 diverse Regie-Assistenzen bei Film- und Fernsehproduktionen. Ab 1974 Filme fürs Fernsehen in eigener Regie. Freier Mitarbeiter, Autor und Regisseur, für verschiedene Fernsehanstalten, vor allem für WDR, HR und BR, Kultur- und Filmredaktionen. Diverse Filme vorwiegend auf dem dokumentarischen Gebiet, aber auch Fernsehspiele, Radiofeatures und Hörspiele. 1978 Gründung der Peter Goedel Filmproduktion. Zumeist Filme über kulturelle Themen, diese reichen von der Geschichte der Bleistift-Dynastie Faber-Castell über Porträts berühmter Schriftsteller wie Elias Canetti bis hin zu Literaturverfilmungen (W. Koeppen, P. Highsmith). 1980 die erste Arbeit für das Kino mit dem Dokumentarfilm „Talentprobe“.

    Auszeichnungen und Preise im In- und Ausland:

    Mehrfach das Prädikat „Besonders wertvoll“
    1988 den Deutschen Filmpreis für „Das Treibhaus“ nach dem Roman von Wolfgang Koeppen.
    1999 den Grand Prize für den besten Film für „Tanger – Legende einer Stadt“ (mit Armin Mueller-Stahl in der Hauptrolle) beim Internationalen Filmfestival in Figueira da Foz (Portugal), ebenfalls für diesen Film den Gold Award in der Kategorie Kinodokumentarfilm beim WorldFest Houston, Texas.
    Im Mai 2001 den Preis der Stadt München „LiteraVision“ für das beste Autorenporträt, ein Film über die Kriminalschriftstellerin Magdalen Nabb.
    Nominierung für den Deutschen Kamerapreis 2003 für einen Film über den marokkanischen Schriftsteller Tahar Ben Jelloun.
    Diverse Festivalteilnahmen und Veranstaltungen für Goethe-Institute.
    Mitglied in verschiedenen Jurys (u. a. Europäischer Filmpreis, Bayerischer Dokumentar-filmpreis „Der junge Löwe“, Der neue Heimatfilm, Freistadt).







    TEXTE ZUM FILM

    PROJEKTBESCHREIBUNG

    Klub- und Kulturhäuser, in der alten Bundesrepublik als Kultur- und Bildungsstätten weit gehend unbekannt und wenn, dann aus Unkenntnis eher belächelt, hatten in der ehemaligen DDR eine herausragende Bedeutung. Fast jeder Bewohner, egal ob in der Stadt oder auf dem Land, hatte mit solch einem Haus zu tun und war in irgendeiner Weise in dessen Kulturleben einbezogen. Sei es als Besucher von Theater- oder Operaufführungen, von Konzerten, Ausstellungen und Vorträgen, sei es als Aktiver an einer der zahlreichen Volkskunstgruppen oder Zirkel, wie sie damals hießen. Klubhäuser waren über das ganze Land verteilt und versorgten auch kleinste Ortschaften mit Angeboten aus Kunst und Kultur. Ende der 80er Jahre bestanden auf dem Gebiet der DDR mehr als eintausend solcher Kultur- und Klubhäuser. Meist angesiedelt in unmittelbarer Nähe von industriellen und landwirtschaftlichen Großbetrieben. Eine kulturelle Flächendeckung gewissermaßen.

    Kultur und Bildung für die werktätigen Massen: Ein Ziel, so alt wie die organisierte Arbeiterbewegung. Die Geschichte der DDR-Kulturhäuser lässt sich unmöglich erzählen, ohne dass man sich der europäischen Anfänge wie z. B. der englischen Arbeiterclubs im 19. Jahrhundert und des dichten Netzes von Volks- und Gewerkschaftshäusern während der Weimarer Republik in Deutschland erinnert.
    Jetzt aber mit Gründung der DDR staatlich gebündelt unter neuem Vorzeichen. Denn hinter diesem Konzept der Kulturhäuser, die auf Betreiben und mit Unterstützung des "Großen Bruders" Sowjetunion in den fünfziger Jahren erbaut wurden, stand eine neue Zielsetzung. Nach dem verheerenden Krieg sollte mit dem Programm einer zentral gelenkten, antifaschistisch-demokratischen Bildungs- und Kulturpolitik das Land in eine andere Richtung, in eine neue Gesellschaftsordnung gelenkt werden. Dafür sollten "allseits gebildete Persönlichkeiten" mit einem sozialistischen Bewusstsein in Schulen, Universitäten und Betrieben, aber auch in Klub- und Kulturhäusern heranwachsen. Frei nach Johannes R. Becher: “Lernt und schafft wie nie zuvor, und der eignen Kraft vertrauend, steigt ein neu Geschlecht empor“. Visionäre Anfänge eines Aufbruchs in eine andere neue Zeit.
    Mit diesem Film über eines der traditionsreichsten dieser Kulturhäuser, dem Klubhaus der ehemaligen Buna-Werke in Schkopau, erinnern die Autoren an jenes denkwürdige Kulturexperiment aus DDR-Tagen. Das „Haus der Freundschaft“ , Vorbild für andere Kulturhäuser, setzte Maßstäbe für das Kulturgeschehen im ganzen Land. Hier fanden Veranstaltungen auf internationalem Niveau statt. Dieses Haus war mehrere Spielzeiten lang Ausweichquartier für Walter Felsenstein und die Komische Oper. Hier gastierten weltberühmte Ensembles wie die Mailänder Scala, das Bolschoi-Theater Moskau oder das Königlich-Schwedische Ballett Stockholm. Hier traten große Künstler auf wie Marcel Marceau, Juliette Greco, Igor und David Oistrach und viele viele andere. Ein Dauergast war über Jahre hinweg das Berliner Ensemble mit Ernst Busch und Helene Weigel. Hier im Klubhaus war der Ort, wie auch im "Palast der Republik" in Berlin und anderswo, an dem die Bevölkerung in unzähligen Aktivitäten ihren Interessen und künstlerischen Neigungen nachkommen konnte. Neben Schach und Billard in Literatur-, Mal- und Fotozirkeln, bei Chorgesang und Tanz, als angehende Schriftsteller wie im Zirkel schreibender Arbeiter oder sogar als Komponisten wie – und das war einzigartig in der DDR – im Zirkel komponierender Arbeiter.

    Während das Klubhaus in Schkopau zusehends verfällt - mehrere Versuche westlicher Investoren, diesem Haus wieder zu neuem Leben zu verhelfen, blieben erfolglos -, sollte das, was hier einmal stattfand, nicht dem Vergessen anheim fallen. Die Kulturhäuser der ehemaligen DDR gehören zur Geschichte der deutschen Teilung unabdingbar dazu. Eine Geschichte, die bisher eher einseitig die Aufbauleistungen des anderen Deutschlands als "Fehlleistung" zu korrigieren bestrebt ist und darüber vergisst, dass solche Institutionen wie z. B. die Kulturhäuser für die Menschen in der DDR ein sinnvolles Tätigkeitsfeld ermöglichten, dem gleiches Anrecht zuzusprechen ist wie in den alten Bundesländern. Statt "Wirtschaftswunder" im Westen ein "Kulturwunder" im Osten Deutschlands. Das sollte im Blick zurück endlich auch so geschätzt und gewürdigt werden dürfen, wie wir es in unserem Film versuchen.

    Zu unseren Zeitzeugen gehören ebenso Lehrlinge vom Bunawerk, die noch vor dem Krieg für die IG Farben gearbeitet haben wie Lehrlinge, die 1952 mit hohem Einsatz an „freiwilligen Aufbaustunden“ für den riesigen Klubhaus - Klotz geschippt und geschafft haben und später mit Kind und Kindeskind die treuesten Besucher wurden, viele von ihnen sogar Teilnehmer an einer der zahlreichen Volkskunstgruppen und Zirkel. Alle wären gern zu Gesprächen über ihre Arbeit im „Haus der Freundschaft“ bereit. Ebenfalls deren Leiter. Aber auch Funktionäre des Werkes, Dramaturgen und Intendanten des Berliner Ensembles. Bis hinauf zum Kulturminister, einem der Initiatoren des "Bitterfelder Weges".

    In Gesprächen mit diesen Zeitzeugen gehen wir der Frage nach, wie dieses epochale Konzept in dem Klubhaus der Buna-Werke im Detail funktioniert hat, das - getragen und finanziert von der Partei, dem Gewerkschaftsbund, der Werksleitung und der sowjetischen Generaldirektion - zu einem der modernsten Theaterbauten der DDR wurde? Was waren die Vorgaben bzw. Richtlinien in diesem Klubhaus? Wie funktionierte es als Steuerungselement dieses Staates? Hat die sozialistische Planwirtschaft auch auf diesem Sektor Spuren hinterlassen? Konnte man Politik und Kultur voneinander getrennt halten? Wie haben die Menschen das überwältigende Angebot genutzt? Konnten sie es auch für eigene Zwecke nutzen? In Nischen? Was haben sie von ihrer Arbeit im Klubhaus mitgenommen? Wie schätzen sie das ein, was sie im Klubhaus erlebt haben? Vom heutigen Standpunkt aus?

    All diesen Fragen soll in unserem Film nachgegangen werden. Aber nicht im Sinne einer analytischen Dokumentation, sondern als Dokumentarfilm, der diejenigen selbst berichten lässt, die hier getanzt, gesungen, gemalt und Theater gespielt haben. Mit umfangreichen bisher unveröffentlichten Archivmaterialien, mit lebendigen Einblicken in die Arbeit derer, die in diesem kulturellen Umfeld tätig waren, sind wir in der Lage, eine ganze Epoche filmisch wieder aufleben zu lassen. Ohne von vornherein zu bewerten oder zu analysieren. Der Zuschauer soll sich sein eigenes Bild machen dürfen über einen wichtigen, doch weithin unbekannten Teil der DDR-Geschichte.

    Wenn wir damit bei den ehemaligen Bürgern der DDR Bekanntes wieder wachrufen, nämlich die Atmosphäre jener Zeit, und damit zum Nachdenken über ihre eigene Geschichte anregen; wenn die Bürger der alten Bundesrepublik sagen, so etwas haben sie über den Osten noch nie gesehen und damit Verständnis für die Lebensverhältnisse und Achtung für die Leistung der anderen aufbringen können, dann haben wir unser Ziel erreicht.